Interview VI.


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Teil 6

Der Assistent rief uns, weil das Essen fertig war. Nach dem Essen schlenderten der Doc und ich um den See. Nichts, rein gar nichts erinnerte hier an den Krieg. Die Wolken spiegelten sich im Wasser und am Ufer hüpfte aufgeregt ein kleiner Vogel umher.

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Das Essen war einfach fantastisch!


Langsam kamen wir tiefer auf seinen Beruf zu sprechen.

Wie siehst du die Zukunft für uns Menschen und für dich?
Zwei Fragen? Bei seiner Frage an mich schaute er aus, als ob der Schalk ihn überrannt hätte. Ich lacht wieder und sagte: Teile sie auf, wenn du willst.

Zu 1: Es gab immer welche, die überlebt haben. Da sonst der Homo sapiens sapiens ausgestorben wäre. Es trat eine Pause ein und wir hörten nur unsere Schritte auf den Steinen. Für mich? Doc Mozart steckte seine Hände in seine Hosentaschen, blieb stehen und schaute nachdenklich auf das Wasser. Es war eindeutig. Im Moment würde hier keine Antwort von ihm kommen. Also zog ich eine andere Frage aus dem Ärmel:

Hast du schon einmal wen erschiessen müssen?

Schweigen.

Heisst das: ja? Nächste Frage bitte. Redet ihr untereinander, wenn ihr nach einem Einsatz wieder zurück kommt? Ja. Natürlich. Art Lagebesprechung. Dort geht es auch darum, wer noch oder überhaupt in der Lage ist hier vor Ort weiter zumachen. Wenn nein, dann geht es für den Kollegen nach Hause.

Hast du in deiner Einheit Freunde finden können? Ja. Schon. Ich habe schon gehört, dass Soldaten, wenn sie in den Einsatz gehen, ihr Testament machen. Hast du das auch getan? Nein. Wozu?

Naja, wenn dir etwas passieren würde, man weiss ja nie. Einer meiner hat einen Pakt geschlossen. Mir geschieht nichts!

Als er diesen Satz sagte, zeigte Pierre mit dem Zeigefinger in Richtung Himmel.

Das klingt so, als ob du dein eigenes Mantra "Mir kann nichts passieren" auch glauben würdest. Nein, so ist das nicht. Totales Missverständnis! Wie verhält es sich denn sonst?

Doc Mozart begann mir zu erklären, dass es nicht nötig ist, sich selbst vorzusagen, dass man unsterblich sei und der Grösste auf Erden, sondern schlicht und ergreifend sich bewusst sein sollte, wie wer mit dem HERRN sterben möchte.

Damit wäre nicht die Art und Weise des Todes gemeint, sondern wie ein Mensch mit dem HERRN gelebt hätte. Es drängte sich mir die Frage auf, wie solch ein Beruf und ein Glaube an Gott zusammen passen würde. Als ob er meine Gedanken gelesen hätte, fuhr Pierre fort:

Mich nennen sie nicht umsonst Doc Mozart und vertrauen mir!

Pierre meinte, dass vor Ort eine Handlung ausgeführt werden kann, die völlig konträr zu einem militärischen Befehl stehen könnte. Jeder in solch einer Position bräuchte nur die Lücken im Gesetz ausfindig zu machen und dann entsprechend handeln. Auch im Rahmen eines Befehles könnte ein "nein" vom auserwählten Ausführenden gegenüber der Machthaber entgegen gebracht werden, wenn der Befehl nicht Gesetzeskonform wäre. Es stünde ausser Frage, dass dann aber so manch Richter mit Arbeit gesegnet wäre, denn so einige Befehlshaber würden es darauf anlegen.

Er nannte als Beispiel den Vorfall von 2009 am ∞
Kunduz.

Da wurde der Befehlshabernicht entlassen, sondern ∞ befördert! Der Allgemeinheit wurde danach das Ergebnis auf ∞ einem silbernen Tablett serviert: Wegen der Informationspannen wurde der Bundeswehrchefinspekteur ∞ Wolfgang Schneiderhan entlassen. Auch Jung trat zurück.

Irgendwie klang der Doc nicht mehr so geduldig, seine Stimme war hart, feste, ja, fast zornig, als er mir das erzählte.

Fortsetzung folgt

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Die Welt lebt weiter, egal was um sie herum geschieht.