Auf die Knie! Auf die Knie!
Auf die Knie du Wurm!
* Schnickt ihr Haar zurück und schreitet mit festen Schritten auf das Podium. Legt ihr Manuskript auf das Pult und lächelt in die Zuschauermenge.
Guten Tag liebe Anwesende!
* räusper
Heute werde ich über das Thema "Mann" referieren.
Ihnen, liebes Publikum, danke ich für Ihr Interesse.
* nickt Ihnen freundlich zu
Mein Vortrag gilt im Grunde Frauen, die sich von ihrem Mann trennen wollen, sich aber nicht trauen. Der Vortrag ist auch an Frauen gerichtet, die sich mit dem Gedanken tragen, in den Ehestand einzutreten und an Mütter, die ihre Kinder bei ihrer ersten grossen Liebe liebevoll begleiten wollen.
In fast jeder Religion gibt es eine übermenschliche Macht, die den Menschen geschaffen hat und ich möchte hier bei der christlichen Religion die Erschaffung der Menschen als Erklärung nutzen.
In der Bibel steht, dass Gott einen Menschen erschaffen hätte. Diesen nannte Gott Adam.
Als der Schöpfer sah, dass sein Werk nicht vollkommen war, legte er Adam kurzerhand ins Bett und schickte ihn ins Land der Träume.
Für mich ist es jede Nacht erstaunlich, dass sich diese Tiefschlafphase beim Mann bis heute gehalten hat und jedes Mal, wenn mein Mann ins Schlafkoma fällt, beginnt er zu arbeiten! Mir kommt es so vor, dass Gott beim Erschaffen von Adam ihm eine Säge in die Hand drückte um das ganze Paradies von seinen Bäumen zubefreien!
Anscheinend hat der erste Mann auf Erden die Falschen gefällt, sonst wären wir arme Frauchens nicht auf diesen Baum der Erkenntnis reingefallen. Sie erinnern sich? Da schlängelte sich diese Schlange um den Ast und stiftete uns zu einer Untat an.
Das ist aber eine andere Geschichte.
Kommen wir wieder zu Adam zurück und seinem Schöpfer. Als Adam nun so im Bett lag und die Bäume im Garden Eden zersägte wurde unsere weibliche Urmutter aus einer Rippe von Adam erschaffen.
Soweit kennt jeder diese Geschichte von der Erschaffung Adams und Evas. Ich hoffe es zumindest.
Die ersten Menschen lebten laut der Wissen Schaffenden in Höhlen. Ja, das kann ich nachvollziehen, Mauersteine waren damals noch nicht erfunden und ein Zelt, dazu reichte das Wissen bei den Herren der Schöpfung noch nicht. Es kam aber im Laufe der Zeit - also keine Panik. Unsere Jungs haben dazugelernt.
Schon früh wurden Mädchen von ihren Müttern und Grossmüttern gelernt, dass das Feuer in der Höhle nicht auszugehen hat oder welche Früchte ein paar Steine weiter wachsen. Wie sie zubereitet werden müssen ohne dass die ganze Sippschaft um die Ecke gebracht wird.
Die Väter der Kinder waren meist lange Zeit auf der Jagd um die Familie mit Nahrung versorgen zu können.
Ich habe einmal gelesen, dass wir Menschen früher Nomaden waren. Das sind Menschen, die ihrer Nahrung hinterher reisen. Wahrscheinlich erklärt das damalige Reisen der Nomaden auch, warum es heute noch so viele Camperliebhaber gibt. Du packst das Nötigste ein, verpackst es in dein Wohnmobil und reist umher.
Zurück ins Paradies!
Also Adam, das haben wir festgestellt, war nicht die hellste Leuchte unter den Sternen und Gott musste seinen Fehler wieder ausbügeln in dem er die Frau erschaffen hatte.
Wir sind somit auf alle Zeiten das Bügeleisen von Gott. Wir bügeln seit Menschengedenken die Fehler aus, die unsere Männer jeden Tag begehen. Um der Katastrophe zu entgehen und um einen zumindest einigermassen friedlichen Alltag miteinander leben zu können, sind wir Frauen viele Stunden unseres Lebens damit beschäftigt unserem Mann zusagen, was er zu tun und zu lassen hat.
Schatzi, hilf mir beim Abwasch,
Darling, bring den Müll raus,
Liebling, die Reifen müssten gewechselt werden uswundsofort
Du bist als Frau ständig hinterher, damit dein Mann keine Dummheiten anstellt. Oft habe ich mich schon gefragt, was wäre, wenn wir Frauen nicht an der Seite von den Männern stehen würden?
Sie können das einmal testen!
Schweigen Sie mindestens eine Woche lang und schauen, ob Ihr Mann selbst auf die Idee käme, den Mülleimer auszuleeren oder das Licht im Wohnzimmer ausknipst, wenn er mit hängenden Augenlidern Richtung Schlafgemach schleicht.
Für mich ist ein Satz in der Bibel interessant.
Und zwar ist er geschrieben, nachdem Adam und Eva erschaffen wurden und nachdem Eva von dieser dämlichen Schlange aufs Glatteis geführt wurde.
Ganz vorne in der Bibel steht folgender Satz:
Darum verläßt einer seinen Vater und seine Mutter, um seinem Weibe anzuhangen, so daß sie zu einem Leibe werden.
Mit "einer" ist der Sohn von einem Elternpaar gemeint und "seinem Weibe" die Frau, der ein Mann folgt.
Den Nebensatz (so daß sie zu einem Leibe werden) lass ich mal weg.
Ich lese aus dem Satzanteil
Darum verläßt der Sohn seinen Vater und seine Mutter, um seiner Herzensdame anzuhangen.
Irgendwie ist das ja fatal!
Ein Typ hängt sich an mich als Frau. Hey! Wenn ich mir meinen Ehemann anschaue, bin ich ein nasser Lappen dagegen. Er ist gross, hat Muskeln, seine Schuhgrösse ist mindestens ein Drittel mehr als meine Füsschen. Wenn er den Arm um mich legt, muss ich mich lautstark bemerkbar machen, weil ich unsichtbar für die Welt geworden bin.
Trotzdem hängt der Mann sich an eine Frau. Das muss Frau sich mal durchdenken, in welche Abhängigkeit ein Mann sich begibt.
Macht er das freiwillig?
Nicht ganz.
Überspringen wir einmal diese Partnerschaft zwischen einem Mann und einer Frau vor der Eheschliessung, sonst wird das heute nichts mehr.
* lächelt ins Publikum
Er, der Mann, bis hinter beide Ohren verliebt, hat seinen Pilotenschein bei der Schmetterling Airline bestanden und nimmt jetzt allen Mut zusammen und plündert sein Konto.
Mit diesem Geldsack sucht er sich den erst besten Juwelier aus und kauft zwei Ringe.
Jetzt lässt er sich ja sehr viel einfallen um sie zu fragen, ob sie ihn heiraten will. Wenn Ihnen das noch nie aufgefallen ist, ich wiederhole das noch einmal: er fragt sie, ob sie ihn heiraten will.
Ich komme nachher noch einmal darauf zurück.
Bevor mein Mann und ich zum Altar schritten, hatte ich das Vergnügen bei vier Freundinnen von mir bei dem Heiratsantrag dabei sein zu können.
Der Weg einer Partnerschaft
sollte ein gemeinsamer sein.
Auch wenn es einmal eisig sein sollte.
Mir ist dabei folgendes aufgefallen:
Der Erste, der sein Konto geräumt hatte, war Steven. Er mietete für den Antrag ein komplettes Restaurant, lud alle Freunde von sich und ihr ein. Es gab ein vier Gänge Menü, naja, ich habe schon einmal besser gegessen
* Schulterzucken *
und nach dem Dessert lagen sich plötzlich er und meine Freundin in den Armen.
Mich wunderte, dass Steven als er den Antrag stellte, vor ihr stand.
In der Ehe von den beiden stellte sich auch schnell heraus, dass ein Mann, der seinen Antrag stehend macht, ein Rohrkrepierer ist. Die beiden haben sich nach zwei Jahren wieder scheiden lassen.
Steven hängte sich also nicht seinem Weibe an. Er wollte unter keinen Umständen seine Unabhängigkeit verlieren und sie unter sich wissen.
Also aufpassen.
Stehende Männer beim Antrag lieber eine Absage erteilen.
Nach Steven wollte es Gabriel wissen und auch er plünderte sein Konto. Gabriel ist beruflich erfolgreich, hätte eine Menge andere Frauen haben können. Doch er entschied sich für Isabelle. Sie ist schüchtern und eher mit Faltenrock gekleidet als im neusten Trendykleid.
Steven hat nur seine Trauzeugen geladen und dazu zählte ich mich.
Im Viererpack hatten wir uns in einer Pizzeria getroffen und jeder durfte sich sein Essen aussuchen. Gabriel bezahlte und ich sass auf Kohlen mit der Frage, wann er sie endlich fragen würde. Er stand auch zuerst auf, ging zur Ausgangstür und bevor er am Griff zog um sie zu öffnen, kniete er vor ihr nieder. Er hielt Isabelle ein Kästchen hin und stellte die Frage:
Willst du mich heiraten?
Bei dieser Szene fiel mir auf, dass Gabriel nur mit einem Knie auf dem Boden Halt suchte und das andere Bein angewinkelt hielt.
Gabriel wollte also meiner Meinung nach seine Unabhängigkeit doch nicht so aufgeben, wie er müsste. Denn wenn sich ein Adam von seinen Eltern trennt, hängt er seinem Weib an. Ich finde, das müsste er dann schon komplett machen und nicht noch ein Stückchen Eigenständigkeit für sich behalten wollen.
Mason war der Kracher. Mason war der Schwarm aller Studentinnen auf der Uni und lebte sein Junggesellendasein in vollen Zügen aus. Bis er auf Emilia traf. Sie wollte ihn gar nicht und er machte sich fast ein Jahr lang zum Affen. Er trank keinen Alkohol mehr, war auf keiner Party auffindbar und mähte sogar Samstagsmittags den Rasen seiner Eltern. Die beiden wohnten Haus an Haus als Nachbarn und ich weiss von Emilia, dass sie Mason schon beobachtete.
Mason hatte nie viel Geld und er suchte sich für die Wochenenden einen Job. Nach knapp einem Jahr verabredete er sich mit ihren Eltern. In einem Anzug stand er vor der Tür und Emilias Mutter hatte für alle gekocht. Nach dem Essen bat Mason den Vater von Emilia um ihre Hand. Als er zustimmte, drehte Mason sich zu Emilia und frage mit Kästchen in der Hand, ob sie ihn wollte. Sie sagte ja.
Mason hat beim Antrag gesessen!
Die Beziehung hielt nicht einmal bis zur Trauung. Sie trennten sich bei den Vorbereitungen.
Bei Zara und Carter war das anders. Carter war eher schüchtern und hätte Zara ihn nicht ständig von Party zu Party mitgeschleift, würde Carter immer noch hinter einem Berg von Büchern verrotten. Carter hatte eine dicke Brille auf der Nase, braun-beige karierte Pullunder über seinen rosefarbenen Hemden an und ansonsten kümmerte sich seine Mutter um sein Wohlergehen. Je länger Carter mit Zara um die Häuser zog, desto mehr ging er aus sich heraus.
Es war an einem 1. April, ich kann mich noch gut erinnern. Unser Grüppchen stand vor dem Squash Center und wir plapperten noch. Plötzlich nahm Carter Zaras Hand und zog sie bei Seite. Kniete sich mit beiden Knien auf den Boden vor sie hin und schaute sie dabei an. Ohne Kästchen hat er ihr einen Antrag gemacht. Sie hat ihm wieder auf die Füsse geholfen und sie lagen sich in den Armen.
Was mich für die beiden freute, sie wurden fast neun Monate später Eltern. Heute trägt Carter keine Cordhosen und Pullunder mehr, sondern Jeans und verspuckte Shirts.
Mir ist bei dem Antrag von Carter aufgefallen, dass er seine Zara bei seiner Frage angeschaut hatte. Zwar signalisierte er mit seinem Knien, dass er sich ihr anhängen will, aber irgendetwas störte mich an dem Ganzen doch.
* nippt an ihrem Wasserglas
Nun waren nur noch mein Liebster und ich aus der Clique unverheiratet. Meiner machte überhaupt gar keine Anstalten in den Hafen der Ehe einzulaufen, was mich masslos ärgerte. Ich beschloss mir einen Kurzurlaub zu gönnen um über meine Beziehung und das Leben im Allgemeinen nachzudenken.
Ach, eigentlich wollte ich einfach nur weg! * seufzt hörbar
All meine Freundinnen waren unter der Haube, bauten ihre Nester, waren schwanger oder trugen schon ihre Babies auf dem Arm. Nur ich nicht. Vierzehn Tage hatte ich nun Zeit mir über mein Leben im Klaren zu werden.
Ich lag bäuchlings früh am Morgen in der Sonne am Strand. Noch waren nur wenige Menschen hier. Die Wellen des Meeres klatschten in den Sand, als sie vor sich her stolperten. Ein leichter Wind wehte vom Wasser an den Strand. Meine Hand spielte mit den warmen Sandkörnchen.
Auf einmal nahm mir ein Schatten die Sonne weg und ich hob meinen Kopf, holte schon Luft um mich entweder zu beschweren oder vor Hilfe zu schreien.
Vor mir stand in voller Lebensgrösse mein Herzallerliebster!
Wie eine Rakete stand ich auf meinen Füssen und meine Arme hielten ihn fest. Mein Herz machte Freudensprünge. Doch er schob mich von sich. Völlig irritiert stand ich zu viele Zentimeter von ihm entfernt. Tränen schossen mir in die Augen und ich dachte:
Das wars! Er will die Beziehung beenden!
Es waren drei, vier Schritte, die er weiter von mir wich - dann fiel er auf einmal auf seine Knie, senkte den Kopf fast bis zum Strandboden, hielt ausgestreckt beide Arme von sich. Seine beiden Händen waren wie ein Ball ineinander verschlungen.
ICH LIEBE DICH
UND ICH KANN UND WILL NICHT
MEHR OHNE DICH LEBEN.
BITTE!
WILLST DU MEINE FRAU WERDEN?
Zuerst stand ich wie angewurzelt da und alle in der unmittelbaren Nähe schauten uns zu. Die Welt um mich herum war auf einen Schlag hin still, nicht einmal das Rauschen des Meeres war zu hören.
Meine Augen starrten auf diesen hochgewachsenen, muskulösen und jetzt vor mir in Demut knieenden Mann, der im Beruf erfolgreich ist und bisher sich von niemanden etwas hat sagen lassen. Ein Querkopf halt.
Ich war so verdattert, so vereist, so perplext!
Um uns herum sammelten sich langsam einige Menschen, schauten zu uns und die Anspannung schwirrte in der Luft herum.
Ich muss ihm antworten, dachte ich verzweifelt. Den kannst du da nicht ewig knien lassen, schrie es in meinem Gehirn. Willst du? Entscheide dich und zwar jetzt.
Die Gedanken wirbelten nur so umher und es fiel mir schwer mich zu konzentrieren.
Nachdem ich zu ihm getreten, mein Körper sich zu ihm hinunter gebeugt hatte, umklammerten meine beiden Hände sein Gesicht. Die Hände schoben seinen Kopf hoch, so dass sich unsere beiden Augenpaare trafen.
Auf seiner Nasenspitze klebten mehrere Sandkörper.
Darum verläßt einer seinen Vater und seine Mutter, um seinem Weibe anzuhangen, so daß sie zu einem Leibe werden.
Ihr könntet selbstständig weiter über den Satz aus der Bibel nachdenken. Als mir die Dimension dieses Satzes, was er eigentlich aussagt, bewusst wurde, konnte ich dieses Geschrei nach Emanzipation nicht mehr verstehen.
Frauen brauchen das nicht. Diese Emanzipation.
Sie sind stärker, mächtiger, als solche Forderinnen, sich selbst einreden.
Darum verläßt einer seinen Vater und seine Mutter, um seinem Weibe anzuhangen, so daß sie zu einem Leibe werden.
Für dieses Anhangen geht ein Kerl auf die Knie!